Glasgestaltung und Lichtkreuz
Die farbigen Glasfenster der Glaskünstlerin Christiane Schwarze-Kalkoff prägen den Kirchenraum auf eine besondere Weise. Die Gestaltung beeinflusst seine Atmosphäre. Die eher fließenden Farben setzen einen gewissen Kontrast zur mehr strengen und symmetrischen Architektur. Sie bilden eine Art Nahtstelle zwischen Innen- und Außenraum und regen die Phantasie an.
Das Blau des Himmels, den man durch die Fenster sieht, fügt sich an das Blau der Fenster. Blau ist die Farbe der Unendlichkeit des Himmels und des Himmlischen, aber auch die Farbe des Wassers, als Ur-Anfang alles Seienden. Der Blick in den Himmel oder in fließendes Wasser lässt für den Moment die Sorgen vergessen und man kann neue Kraft schöpfen.
Das Hauptfenster im Osten wird von einer vorgesetzten, schmalen, gelben, vier Meter hohen Glasstele betont. Sie symbolisiert das von Gott ausgehende Licht.
"Gott ist Licht" (1.Johannes 1,5)
Das Goldgelb ist ein Zeichen heiligen und himmlischen Lichtes.
Die zarte Glasmalerei auf der Stele lässt den Abdruck einer menschlichen Figur erkennen und den grekreuzigten, auferstandenen und leuchtenden Christus mehr ahnen als sehen.
"Ich bin das Licht der Welt" (Johannes 8,12)
An der Stele sind zwei metallene Querstreben montiert, wodurch optisch ein Kreuz entsteht. Die Kreuzform wird noch deutlicher wahrgenommen, wenn der gelbe Bildhorizont im Fensterhintergrund direkt zwischen den beiden Streben sichtbar wird, was von den Eingangstüren besonders gut geht. Dann wachsen dem Christus gewissermaßen Arme, die er wie zum Segen erhoben ausbreitet.

Diese Darstellung lädt zu einer Begegnung mit dem ein, der zwar am Kreuz gestorben ist, uns aber seit Ostern als Auferstandener begegnet. Sie wirkt transparanet für die dahinter stehende Wirklichkeit des gegenwärtigen Christus.
Das Lichtvolle dieser Darstellung entspricht dem auferstandenen Christus. In der Mitte des Markusevangeliums (Markus 9) wird davon berichtet, wie sich Christus bei der Verklärung als der offenbart, der er von Ewigkeit zu Ewigkeit ist - hell glänzend wie das Licht der Sonne.
Die im Osten aufgehende Sonne durchleuchtet diesen lichtvollen Christus. Sie lässt sein Licht in den Kirchraum und in unsere Herzen fallen. Es leuchtet einem geradezu ein, dass er der Auferstandene ist.
Wenn man der Spur des Gelbs folgt, der Spur seines Lichts, so stellt man fest, dass es sich in vielen Fenstern wieder findet, dass es uns von allen Seiten umgibt. So wird sichtbar, wie er uns von allen Seiten umfängt.
Aber nicht nur auf uns fällt sein Licht, sondern auf die ganze Welt. Die drei Fenster um das Kreuz zeigen die Welt, horizontal und vertikal und vom Licht durchdrungen. Die rot-violette Farbe im Südfenster steht für den Heiligen Geist und deutet sein Wirken in dieser Welt an.
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Die Künstlerin

Bevor Christiane Schwarze-Kalkoff von 1975 bis 1981 bei Prof. Rüdiger Reinel an der Hochschule für Kunst und Design "Burg Giebichenstein" in Halle ein Studium in der Fachrichtung Glasgestaltung absolvierte, war sie ein Jahr (nach ihrem Abitur 1974) in verschiedenen Glasbetrieben tätig, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Während ihrer Aspirantur (1980-1983) an der "Burg" erhielt Schwarze-Kalkoff 1981 ihr Diplom für Glasgestaltung. Die freischaffende Künstlerin - die in Halle lebt und arbeitet - ist Mitglied im Verband Bildender Künstler in Sachsen-Anhalt.
Homepage der Künstlerin
Aussage der Künstlerin
Die von mir künstlerisch gestalteten Fenster haben, wie alle farbigen Kirchenfenster, einen großen Einfluss auf die Atmosphäre des Kirchenraumes. Die Art der Gläser, die Wahl der Farben, die Verarbeitungstechnik und das jeweilige vorhandene Licht schafft Raumwirkungen, die sehr unterschiedlich, in einer Spanne von heiter, verspielt, sachlich, streng oder sakral und festlich sein können. Das Fenster ist gleichsam eine Art Nahtstelle zwischen Innen- und Außenraum und stellt uns so dem Lichterlebnis des Alltags daußen ein neues geistiges Lichterlebnis innen gegenüber.
Meine Darstellungsweise ist abstrakt. Ich kombiniere freie Formen, grafische Linien und Farben. Meine Darstellungsweise orientiert sich an Bewegung und Offenheit und sie verleiht dem Geist und Stilempfinden unserer Zeit Gestalt und Ausdruck. Sie lässt dem Betrachter Freiraum für eigenes Sehen und Erkennen und fordert zum Dialog auf.
Christiane Schwarze-Kalkoff
Markusfenster (Predigt)
Funktional sollten die Fenster eine Art dekorativer Sichtschutz sein. Niemand sollte durch das, was sich draußen abspielt, abgelenkt werden. Niemand sollte das Gefühl haben, neugierigen Blicken von außen ausgesetzt zu sein. Was diese Funktion angeht, erfüllen diese Fenster ihren Zweck. Sie vermitteln Schutz und Geborgenheit.
Da wir wussten, was die Glasgestalterin Christiane Schwarze-Kalkoff zu leisten vermag, haben wir uns gewünscht, die Farben und Formen möge eher weich sein - um das eher geradlinige und strenge der Architektur zu ergänzen. Blau ist es von allein geworden, wodurch die drei Grundfarben unsere schöne Kirche farblich fassen - gelb in der Decke, rot im Boden und nun blau nun in den Fenstern. Auch dies scheint mir sehr gelungen.
Als wichtigste inhaltliche Vorgabe haben wir vom Kirchenvorstand Frau Schwarze-Kalkoff gebeten, den Christus als Lichtgestalt nur anzudeuten, damit man ihn mehr ahnt als sieht. Niemand sollte auf ein bestimmtes Christusbild festgelegt werden. Jeder sollte sich sein eigenes Bild machen können. Auch das wurde künstlerisch wunderbar umgesetzt, indem Schwarze-Kalkoff ihr eigenes Thema, sie sprach von Anfang an mit Blick auf die Lichtstele von
Lichtsendung, mit unserer Idee vom Lichtchristus kombiniert wurde. Ich finde auch das sehr gelungen.
Erst bei mehrmaligem Hinschauen erschließt sich dem Betrachter der Lichtchristus. Aber selbst wenn man ihn nicht gleich sieht, wird man doch durch das Kreuz in den Bann gezogen.
Die das Glas haltenden Stahlträger deuten den Querbalken des Kreuzes an. So bilden die beiden Stahlträger mit der Glasstele das Kreuz, an dem Christus den Tod fand. Wir denken an Karfreitag. Und gleichzeitig kommt auch Ostern in den Blick. Denn das Kreuz ist im Grunde leer. Es ist nicht der tote Christus, der uns vor Augen ist. Wir sehen auf dem Glas nur noch seine Spur, seinen Abdruck. Ihn selbst sehen wir nicht, nur noch den Ort, wo er gestorben ist.
Und das ist richtig so. Schließlich blieb er nicht am Kreuz. Er ist auferstanden. Und so eröffnet uns diese Darstellung eine Begegnung mit dem, der zwar am Kreuz gestorben ist, uns aber seit Ostern als Auferstandener begegnet.
Das Lichtvolle dieser Darstellung entspricht dem Auferstandenen, der schon zu Lebzeiten von sich sagte: Ich bin das Licht der Welt. In der Mitte des Markusevangeliums wird davon berichtet, wie sich Christus auf dem Berg der Verklärung als der offenbart, der er von Ewigkeit zu Ewigkeit ist. Es wird
geschildert, wie er sich den Jüngern hell glänzend wie die Sonne zeigte. Und wenn vom Auferstandenen die Rede ist, wird er immer hell glänzend und strahlend wie die Sonne beschrieben.
All dies schwingt hier mit. Wenn dann im Osten die Sonne aufgeht und dies Kreuz erleuchtet, dann leuchtet es einem geradezu ein, dass er der
Auferstandene ist, dann fällt sein Licht in diesen Raum, auf uns, in unsere Herzen.
Wenn man direkt vor dem Kreuz steht, erkennt man, wie das Licht nicht nur von oben kommt, sondern sich auch in den Fenstern findet. Genau genommen
muss man das Lichtgelb der Glasstele mit dem Lichtgelb der Fenster zusammensehen. Dann wachsen dem Christus gewissermaßen Arme, die er wie
zum Segen erhoben ausbreitet.
Und wenn man dann der Spur folgt, wird man feststellen, dass sich das Gelb bzw. sein Licht in vielen Fenstern wiederfindet, dass es uns von allen Seiten
umgibt. So wird deutlich, dass er uns umfängt, dass er uns sammelt, zu sich ziehen will.
Aber nicht nur auf uns fällt sein Licht, sondern auf die ganze Welt. Wenn man die drei Fenster um das Kreuz als Gesamtbild nimmt, sieht man die Welt,
horizontal und vertikal vom Licht durchdrungen. In der Horizontale fällt ein neues Licht auf uns und diese Welt. In der Vertikale fällt ein neues Licht auf Gott und den Himmel. Da berühren sich Himmel und Erde.
Schwarze-Kalkoff hat das in folgende Worte gefasst: „Das Fenster ist eine Art Nahtstelle zwischen Innen- und Außenraum." Auf den ersten Blick scheint klar, was gemeint ist. Hier in der Kirche ist innen. Außerhalb der Kirche ist außen. Das stimmt, solange man sich in der Kirche aufhält. Wenn wir den Standort wechseln, dann könnte es einem unbeteiligten Betrachter scheinen, als ginge es hier drin nur um die Innerlichkeit, um all das, was mit dem wirklichen Leben draußen nichts zu tun hat. Aber das ist ein Irrtum.
Ob Sie von außen in die Kirche sehen oder ob Sie von innen aus der Kirche sehen, ist zweitrangig. Wichtiger ist, ob Sie nur wie durch eine transparente
Scheibe sehen oder ob Sie durch ein Glasfenster wie dieses schauen, von dem ich hier ein Stück habe. Wenn Sie mich durch dieses Glas sehen oder wenn ich Sie durch dieses Glas sehe, verändert sich, was wir sehen. Wir sehen durch dieses Glas anders.
Das ist mit diesen Glasfenstern auch so. Im Licht dieser Fenster sieht vieles ganz anders aus. Und wenn Sie das, was ich sage, nicht nur optisch verstehen, sondern im übertragenen Sinn, dann wird deutlich, dass durch diese Fenster betrachtet vieles anders aussieht, ob wir nun in die Kirche hinein oder aus der Kirche herausschauen.
Denken Sie nur an dieses Hauptfenster mit dem Lichtchristus. In seinem Licht, unter seinem Segen, von ihm angeschaut, von ihm umfangen sieht diese Kirche, unser Leben, ja die ganze Welt anders aus. Wenn wir durch ihn nicht nur sehen, was alle vor Augen haben, wenn wir durch ihn sehen, wie er uns sieht, dann verwandelt das unsere Perspektive grundlegend, dann sehen wir uns und andere in einem anderen Licht.
Möge Gott uns diese Fenster erschließen. Mögen uns diese Fenster zu Fenstern des Himmels werden. Möge er uns durch Fenster des Himmels segnen
und mit Segen überschütten.
Predigt zu den Markusfenstern am 26. September 1999
Pfarrer Hans-Jürgen Kopkow
Gott ist Licht
Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.
1. Johannes 1,5
Licht der Welt
Da redete Jesus abermals zu den Pharisäern und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Johannes 8,12