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02.10.2016 Kategorie: Markus-Gemeinde

Ich sage dir "Danke"

Gedanken zum Erntedankfest

Als Kind haben mich meine Eltern angehalten, nach dem Geburtstag auch möglichst bald einen Brief an meine Großeltern, Tanten und Onkel zu schreiben: „Ganz herzlich bedanke ich mich für das schöne Buch zu meinem Geburtstag. Es ist spannend zu lesen.“ Wie praktisch, dass jeweils ein Großelternpaar und ein Onkel-Tante-Paar am selben Wohnort lebten, da brauchte ich nur halb so viele Dankesbriefe zu schreiben. Oft genug fand ich das Dankeschreiben sehr lästig, als Junge hat man da nicht so das Verständnis. Klar, dass ich danke sage, aber immer mit einem Brief in Schönschrift? Ist das nötig? Heute nehme ich das Telefon oder tippe flink eine E-Mail, das geht schneller und ist auch lesbar. Ich bewundere Freunde, die das auch heute noch mit einem tatsächlich handschriftlichen Brief oder einer besonderen Postkarte machen. Da bleibt ein sichtbares Stück persönlichen Dankes erhalten, das ansonsten leicht verloren geht. Wie oft sage ich am Tage eigentlich „Danke“? Ich weiß es nicht, ich bin zur Höflichkeit erzogen, und da gehört das einfach dazu. Meistens nehme ich wohl nur oberflächlich wahr, wofür ich eigentlich Danke sage. Wenn ich darüber nachdenke, sind es häufig die kleinen Dinge des Lebens, die den Dank fordern. Da hat mir jemand die Pendeltür am Kaufhaus aufgehalten, die Speisekarte im Lokal weitergereicht, oder ist in der Kirchenbank aufgerückt, damit ich mich setzen kann. Manchmal dauern solche kleinen Gefälligkeiten auch etwas länger: die Garderobenfrau hat meinen Mantel an der Garderobe verwahrt und musste ihn mit einem langen Weg wieder herbeiholen. Oder ein zufälliger Spaziergänger hat mit meiner Kamera ein Foto von meiner Familie gemacht, damit ich auch mit drauf bin. Es ist wichtig Danke zu sagen, und an der Reaktion des Bedankten sehe ich, dass mein Dank ankommt. Er schenkt mir einen freundlichen Blick oder gibt mir eine Antwort. Ich höre dann: gerne geschehen, bitte sehr, dafür nicht, oder „passt scho“. Ich muss mir diese Situationen nur bewusstmachen, dann merke ich, wie wichtig das Danke sagen ist für den Umgang mit anderen Menschen, gerade auch mit mir völlig fremden. Auch ich selber brauche den Dank. Im Berufsleben hörte ich: Danke für den Vortrag, für Ihr Engagement, für den Bericht, für das gelungene Projekt. Manchmal auch noch weiter gefasst: Danke für Ihre Arbeit. Das tat gut, es motivierte und schuf ein persönliches Verhältnis des Vertrauens und war Ausdruck der Wertschätzung. Wir geben und erwarten den Dank im täglichen Leben und bei besonderen Anlässen. Vielleicht ist das sogar die Basis für ein friedliches und freundliches Miteinander. Deshalb sind wir wohl auch so enttäuscht, wenn wir mal keinen angemessenen Dank für unsere gegebenen Gefälligkeiten oder unseren Einsatz erhalten. Danke sagen muss man lernen. Meine kleinen Enkel freuen sich unbändig über eine Gummibärchentüte oder ein Mitbringsel. Die ausgedrückte Freude ist schon Dank, aber sie sprechen den Dank auch aus, (meistens jedenfalls) auch ohne Aufforderung durch die Eltern. Ich bedanke mich für eine Einladung, für das eingeschenkte Glas Wein, das gute Gespräch und den schönen Abend. Manchmal ist der Dank auch nur ein Handzeichen oder ein kurzes Nicken mit dem Kopf. Ich bedanke mich so im Auto für die gewährte Vorfahrt oder als Fußgänger am Zebrastreifen. Gelegentlich bedanke ich mich im Voraus: für die Reservierung des Hotelzimmers und bei der Tourist-Info für die erwartete Zusendung der Prospekte. Manches geht aber auch ohne Dank einfach vorbei, es war halt nur eine Selbstverständlichkeit. Ich sollte mich auch häufiger bei meiner Frau bedanken für das, was sie für mich und uns beide tut.
Vor einigen Wochen stand ich beim Spargelbauern. Ich bedankte mich für 1 kg Spargel, er für mein abgezähltes Geld. Eigentlich bedankte ich mich fürs Einpacken, und nicht direkt für das Pflanzen, Düngen, Abdecken, Stechen, Waschen und Sortieren der Spargel. Dafür hat er ja seine Bezahlung erhalten. Und gewachsen ist der Spargel von alleine, das Wetter war ja gut, Regen und Wärme kamen zur rechten Zeit. Hier stutze ich. Ich denke an Erntedank und an das Tischgebet, das ich seit meiner Kindheit regelmäßig spreche: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich. Ich spüre, dass hier alles zusammenkommt, die Fachkenntnisse und die Arbeit des Spargelbauers, mein Geld, das ich mit meiner Arbeit woanders verdient habe, Gottes Schöpfung für das Wachstum der Pflanzen und seine Freundlichkeit und Güte für unser aller Zusammenleben. Der Gedanke lässt sich weiterspinnen. Plötzlich empfinde ich auch Dank für alles, was ich zum Leben brauche und auch habe, das reicht von den Nahrungsmitteln und der Kleidung und geht über Gas, Wasser und Strom bis hin zu den Medikamenten, die ich einnehmen muss. Da passt auch das Tischgebet, das die Kinder gerne sprechen: Jedes Tierlein hat sein Essen, jedes Blümlein trinkt von dir. Hast auch unser nicht vergessen, lieber Gott, wir danken dir! Wenn ich in der Kirche ankomme, werde ich stille für ein Gebet. Immer ist Danke sagen dabei, noch vor einer Bitte oder dem Eingeständnis einer Schuld. Später dankt der Pfarrer für die Kollekte des letzten Sonntags oder für die Musik. Wir singen: Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen! (Dieser Beitrag wurde der Redaktion freundlicherweise vom Verfasser zur Verfügung gestellt. Quelle: Gemeindebrief der Kirchengemeinde St. Marien und St. Trinitatis in Wolfenbüttel. Vielen Dank für die Bereitschaft.)
Erntedank-Brot

Erntedank-Brot
Foto: Peter Friebe